Messdaten - Wer profitiert von den vielen Messdaten der Wearables?

Eine Artikel-Serie von Mag. Michael Koller

Die einst einfach zu bedienenden Pulsuhren sind im Laufe der letzten Jahre zu hochkomplizierten Trai- ningscomputern mutiert. Sie messen rund um die Uhr die Herzfrequnz, beurteilen die Schlafqualität, „wissen“, ob man richtig trainiert und messen noch wer weiß was für kryptische Daten. Fragt sich: Wer braucht das alles? Ein Lauf durch den Datendschungel ...

Der Sportuhrenmarkt hat sich im letzten Jahrzehnt rasant entwickelt. Die großen Hersteller haben ihr Angebot deutlich diversifiziert, um unterschiedliche Kundensegmente abdecken zu können. Kleine unbekannte Unternehmen drängen hinzu und zusätzlich bieten auch unzählige Fitness-Apps Trackingservices an. Das Angebot ist explodiert und es ist für jeden Läufer und jede Läuferin etwas dabei.

Die Gretchenfrage, die uns in der Sportordination laufend gestellt wird, lautet: „Was brauche ich persönlich wirklich?“ Da jede/r andere Bedürfnisse und Prioritäten sowie einen unterschiedlichen Zugang zu persönlichen Daten hat, ersetzt dieser Artikel nicht die Fachberatung im Einzelhandel. Die folgende Aufstellung dient als Orientierung und Hilfestellung für z. T. wesentliche Parameter zur persönlichen Trainingssteuerung

Bodenkontaktzeit, Balance und Trainingsload

  • Messdaten: Wer profitiert von den Wearables? © ascis

Teil 3 - mit Expertentipps: Wearables für die Zielgruppe der Leistungssportlerinnen und Leistungssportler sowie aller die bei Wettkämpfen Zeitamibtionen haben. Themen wie Bodenkontaktzeit, Balance der Bodenkontaktzeit und Trainingsload sowie Regeneration.

Bodenkontaktzeit

Ähnlich wie bei der Schrittfrequenz kann man durch Basiswissen viel Nutzen aus dieser Kennzahl ziehen. Dieser Index gibt an, wie lange das Standbein am Boden verweilt. Ziel ist es, die Bodenkontaktzeit <200 ms zu halten, um am effizientesten die Energie durch den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) nutzen zu können.

Nutzen: Beim DVZ schließt eine exzentrische Dehnung eines Muskels eine konzentrische Kontraktion desselben Muskels an. Dieser Bewegungsablauf ähnelt dem Katapulteffekt und verläuft sehr energiesparend, da die kinetische Energie aus der Dehnung genutzt werden kann.

Experten-Tipp: Den größten Katapulteffekt erzielt man mit einer Bodenkontaktzeit <200 ms (kurzer DVZ), fortgeschrittene LäuferInnen bereits bei <400 ms (langer DVZ). Beim langen DVZ wird vor allem die Flexibilität der Muskulatur beansprucht, um die Energie zu speichern. Durch gezieltes Schnelligkeitstraining (insbesondere Sprung-ABC) kann die DVZ unter 200 ms gesenkt werden.

Achtung: Bei Belastungen im kurzen DVZ wird besonders das Bindegewebe beansprucht, was schnell zu Überlastungen wie Achillodynie oder Plantarfasziitis führen kann. Größte Vorsicht und konservative Trainingsplanung werden hier empfohlen.

Balance der Bodenkontaktzeit

Im Idealfall sollte die Laufbelastung im Verhältnis 1:1 auf die rechte bzw. linke Körperseite verteilt werden.

Nutzen: Sollte die Belastung über 60:40 Prozent auf eine Körperseite dominant abweichen, läuft man Gefahr, sich zu überlasten. Die Ursache kann sehr unterschiedlich sein. Es könnten bestehende oder vorangegangene Verletzungen der Grund sein. Nicht selten sind es schleichend auftretende Muskuläre Dysbalancen, die eine zu dominante Seite ausbilden und so ein Verletzungsrisiko darstellen.

Experten-Tipp: Beobachten Sie den Verlauf der Balance und die Bodenkontaktzeit selbst im Laufe einer Einheit. Werden die Kennzahlen während der Laufeinheit schlechter, dann ist das ein deutlicher Indikator für mangelnde Kraft. Planen Sie zum Lauftraining ein gezieltes Krafttraining für den Rumpf und die unteren Extremitäten und Sie ersparen sich viele Trainingskilometer sowie eventuell sogar eine Verletzung.

Trainingsload und Regenerationszeit

Jede/r, die/der über drei Trainingseinheiten in der Woche hinauskommt, sollte sich im Rahmen der Trainingssteuerung unbedingt Gedanken zur Regeneration machen. Nur in der Ruhe/Erholung kann sich unser Körper an die Trainingsreize anpassen und besser werden. Um chronische Überbeanspruchung oder gar Überlastungen zu vermeiden, helfen Kennzahlen zum Loadmanagement (siehe dazu Artikel in RUNNING & Fitness 4/2019, S. 46f.) und zur Regeneration.

Nutzen: Die Rechenmodelle der einzelnen Anbieter sind unterschiedlich und können aus Gründen des Betriebsgeheimnisses nicht immer nachvollzogen werden. Die einzelnen Werte können im Tutorial, im Support oder in der Bedienungsanleitung nachgelesen werden. Es werden je nach Anbieter Daten zum Cardioload, zum mechanischen Load oder auch zu einem Mix aus beiden oder nur bezogen auf die Trainingsintensität (beurteilt mit der RPE-Skala) und auf die Trainingsdauer ausgegeben. Einige Systeme geben nach der Trainingsbelastung eine empfohlene Regenerationszeit bis zur nächsten Einheit an, die auf Dauer, Intensität und das bisherige Training abgestimmt ist.

Experten-Tipp: Train hard, but smart! Alle diese Kennzahlen rechnen unter anderem mit vorangegangenen Trainingsdaten. Tracken Sie nicht jedes Training mit diesem System, so haben Sie Lücken in der Berechnung und orientieren sich anhand falscher Empfehlungen. Das heißt: Bitte ein System immer verwenden. Sehr sensibel reagieren diese Parameter auf unregelmäßiges Training, d. h., werden immer wieder Trainingspausen oder längere Ruhephasen eingelegt, dann kann die Toleranz für höhere Volumen oder Intensitäten nicht zunehmen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass „On-off-Athleten“ ein gleiches Verletzungspotenzial haben wie jene, die sich chronisch überfordern. Achten Sie auf einen regelmäßigen und kontinuierlichen Trainingsaufbau.

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