Erfolgreicher Start ins Lauftraining

  • Erfolgreicher Start ins Lauftraining © AWG-Verlag / Fotocredit: Siehe Magazin

(Michael Koller) COVID-19 hat die ÖsterreicherInnen auf die Straßen getrieben, nicht um gegen die empfindlichen Einschränkungen zu demonstrieren, sondern um zu laufen. Das ist gut so.

Lauf(wieder)einsteiger sollten jedoch einiges beachten, um nicht rasch die Lust zu verlieren oder sich gar zu verletzen.

Der Laufsport erfreut sich in der aktuellen Corona-Krise eines noch nie dagewesenen Zulaufs. Derzeit sieht man viele LaufeinsteigerInnen auf den Straßen, die ihre jetzt verfügbaren Zeitressourcen sinnvoll für ihre Gesundheit nutzen wollen. Den Kopf freibekommen, Stress abbauen, die Monotonie zu Hause unterbrechen, das Immunsystem steigern – das und noch viel mehr kann Laufen!
Damit die anfängliche Euphorie und M tivation auch noch nach einigen Tagen und Wochen aufrecht bleibt, gibt es drei wesentliche Punkte, die beim Einstieg in das Lauftraining berücksichtigt werden sollten.

  1. Zählen Sie zur Risikogruppe im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie?
  2. Ist Ihr Bewegungsapparat für Ihr geplantes Lauftraining ausreichend belastbar?
  3. Entspricht die gewählte Trainingsbelastung Ihrer individuellen Leistungsfähigkeit und überfordern Sie sich damit auch nicht?

Diese Fragestellungen sind extrem wichtig, um langfristig Freude und Erfolg beim Training garantieren zu können.

Belastbarkeit: Die Information über das Risiko

Laufen ist generell kein Risikosport! Trotzdem gibt es Risikofaktoren, wie erhöhten Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte oder auch angeborene Fehlfunktionen des Herzens, die man unbedingt beachten sollte, bevor man mit dem Lauftraining startet. Laut Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie sollten SporteinsteigerInnen ab dem 35. Lebensjahr eine Belastungsergometrie (Untersuchung des Herzens unter Belastung) durchführen lassen. Unabhängig von der Belastbarkeit des Herz-Kreislauf-Systems muss auch der Bewegungsapparat der hohen Anforderung (ca. das 5fache des eigenen Körpergewichts) gewachsen sein. Sollten Sie bereits Risikofaktoren oder Vorerkrankungen haben, dann sollten Sie bei der Planung der Trainingsintensität (siehe unten) besonders konservativ und vorsichtig sein. Laufen soll Ihre Gesundheit fördern und das Immunsystem stärken. Ist Ihre allgemeine Belastbarkeit herabgesetzt, kann unachtsames Lauftraining sogar Probleme begünstigen. Wenn Sie also in den letzten Wochen und Monaten nie Sport betrieben haben, ist es sinnvoller, mit einem zügigen Gehen oder einer Kombination aus Laufen und Gehen anzufangen.

Leistungsfähigkeit: Die Dosis macht das Gift

Viele EinsteigerInnen laufen einfach drauflos. Einige reduzieren früher das Tempo, andere können sich länger quälen. Eines haben aber fast alle AnfängerInnen gemeinsam: Sie beginnen zu schnell. Der schnelle Start birgt das Risiko einer Überlastung. Unabhängig vom medizinischen Risiko wird das Training nicht als angenehm empfunden und leider bleibt auch der langfristige Erfolg aus. Die Conclusio lautet dann häufig: „Laufen ist zu anstrengend. Laufen tut mir nicht gut. Laufen verursacht Schmerzen. Laufen macht mir keinen Spaß.“ Meist sind das leider auch die letzten Gedanken, die man dem Laufen widmet.

Das zu hohe Tempo vieler Laufeinsteiger ist meist auf zu großen Ehrgeiz zurückzuführen. Besonders Männer sind sehr gefährdet.

Das zu hohe Tempo vieler LaufeinsteigerInnen ist meist auf einen großen Ehrgeiz zurückzuführen. Man möchte möglichst bald schnell laufen können. Daher wird versucht, das Maximum an Effizienz herauszuholen. So manche Einsteigerin und so mancher Einsteig ist bereit, sich für dieses Ziel auch zu quälen. Laufen muss aber keinesfalls wehtun. Leider wurde vielen von uns bereits im Schulsport oder später im beruflichen Alltag das Motto vermittelt: „No pain, no gain.“ Unser Ehrgeiz und die anfänglich hohe Motivation machen unserer Vernunft oft einen Strich durch die Rechnung und aus einem Training wird schnell ein Wettkampf. Besonders Männer sind da oft überehrgeizig. Im Rahmen unserer Leistungsdiagnostiken in der Sportordination (www.sportordination.com) starten wir bei den Untersuchungen am Laufband mit einem ganz lockeren Tempo (6 km/h). Gerade LaufanfängerInnen tun sich häufig schwer, ein so langsames Tempo auch tatsächlich zu laufen.

Ein kurzer Erfahrungsbericht von meiner Seite: Beim Athen-Marathon hatte ich die große Ehre, das Aufwärmprozedere der Spitzenathleten beobachten zu dürfen. Circa eine Stunde vor dem Start begannen die Topläufer mit dem Einlaufen auf der 400-m-Bahn im Stadion von Marathon. Das Tempo war derart langsam, dass ich im zügigen Schritt nebenbei mitgehen konnte. Zu diesem Zeitpunkt liefen die Hobbyathleten den Pros quasi um die Ohren. Klarerweise hat sich der Spieß nach dem Startschuss umgedreht. Seit diesem Erlebnis gibt es bei mir keine Ausreden mehr, dass man nicht langsam laufen kann. Es liegt oft am koordinativen Vermögen, den Bewegungsablauf auch langsam durchführen zu können.

Häufig ist der Ehrgeiz im Training unser Gegner. Wer lässt sich schon gerne von einer Walkerin oder einem Walker überholen? Jeder läuft für sich – warum muss man sich im Training an anderen messen? Im Wettkampf ist das erwünscht, das Training ist jedoch dazu da, die Form aufzubauen und zu entwickeln und nicht andere zu übertreffen. Denken Sie in Ihrer Trainingsgestaltung um, gehen Sie es locker und langsam an. Der langfristige Erfolg wird Ihnen recht geben. Dies gilt besonders in der momentanen Situation, in der wir unser Immunsystem nicht unnötig durch intensive Trainingseinheiten belasten, sondern durch lockere Einheiten verbessern wollen.

Zurück zu Fitness